(Gutter Records)
Mit dieser Platte habe ich ein
Problem: Ich werde nicht so richtig mit ihr warm, weiß aber auch nicht, woran
das liegt. Fangen wir also mal mit Fakten an: Die 1996 gegründeten Österreicher
Demolition legen mit "Out Of Noland" ihre zweite Platte vor, nachdem
es anno 1998 eine Eigenproduktion namens "... In The Beginning"
gegeben hatte, die sich beim Metal Merchant offenbar so ordentlich verkauft
hatte, daß dessen Sublabel Gutter dem Alpenländer Quartett nun einen Deal für
ihr zweites abendfüllendes Werk anbot. "Abendfüllend" ist ein gutes
Stichwort, denn "Out Of Noland" rotiert volle 75 Minuten im Player,
und hier liegt schon ein Häschen im Pfeffer, denn diese Spielzeit setzt sich
aus lediglich elf Songs zusammen. Leider aber fehlt Demolition über weite
Strecken das goldene Händchen, die daraus resultierenden Überlängen so
spannend zu inszenieren, daß es den Hörer im Sessel fesselt - dafür ist
insbesondere das Riffing einen Tick zu monoton ausgefallen. Variierten die
ersten drei Songs die Geschwindigkeit noch ziemlich klug und erweckten damit
gewisse Aufmerksamkeit, läßt diese Fähigkeit im weiteren Verlauf des Albums
spürbar nach. Daß es einem beispielsweise in "Line Of Fire" nicht
mal groß auffällt, wenn der Drummer vor der melodischen Gitarrenbridge vom
Stampf- in einen schnelleren Stakkatorhythmus verfällt, sollte nicht als gutes
Zeichen angesehen werden. Statt dessen werden viele der beileibe nicht
schlechten Ideen einfach zu sehr ausgewalzt. Vielleicht geh' ich aber auch etwas
zu kritisch an die Sache heran, weil mir beim Stichwort "Powerthrash"
eher alte Annihilator als neue Overkill in den Sinn kommen. Eine Mixtur aus
Power Metal und vielen Thrashelementen ist das nämlich hier, was aus dem Hause
Demolition kommt, und vom Stil her sind neuere Overkill die wohl nächsten
Verwandten der vier Ösis. Overkill mag ich nebenbei gesagt auch nicht
besonders, aber Demolition fahren leicht andere Soundverhältnisse auf (der Baß
ist bei weitem nicht so dominant wie bei den Amis, statt dessen nehmen die Riffs
den kompletten Tiefenraum ein, wodurch sie beispielsweise die Bassdrums zur bis
auf Ausnahmen kaum noch hörbaren Hintergrundkulisse degradieren). Demolition-Sänger
Peter Musch unterscheidet sich von Bobby "Blitz" Ellsworth auch recht
deutlich, indem er viel tiefer, manchmal fast deathmetallisch seine Statements
über das Niemandsland, das sich heute in vielen Menschen anstelle von
Eigenschaften wie Verstand oder Seele auszubreiten beginnt, abgibt. Die Seele
sehen Demolition offenbar als wichtiger (im menschhaften Sinne) als den Verstand
an, beginnt der Titeltrack doch mit der Zeile "If mind enslaves the soul
and hate guides the hand, grows the inner noland". Ein solches Niemandsland
kommt dann auf dem Cover auch zum Vorschein - als Landeplatz für neue Gedanken
oder Sichtweisen ist es mit seiner Dornenstruktur denkbar ungeeignet. Ja, die
Selbstangst dringt vielerorts so weit vor, daß der Protagonist vor seiner
eigenen Freiheit erschrickt, sie hintan stellt, verdrängt, sich einkapselt,
"Jeder lebt für sich allein" an seine Tür schreibt und sich wundert,
warum er im Alter nur noch mit seiner Katze und seinen Goldfischen reden kann.
Dieses Szenario beschreiben Demolition recht eindringlich in der Halbballade
"Scared", einem der stärksten Songs der Platte, der einen sonst
relativ abwesenden melodischen Aspekt (jedenfalls habe ich ihn im Gegensatz zum
Infoblattschreiber anderweitig kaum ausmachen können - unter "getragenen,
melodischen Songs" verstehe ich jedenfalls was anderes, sowas wie Urban
Tale, John Wetton oder Bob Catley zum Beispiel) zum Vorschein bringt, zwischen
atmosphärischen Passagen und stampfendem Midtempo pendelt und bis auf geringfügige
Längen ansprechend inszeniert ist. Die Stimme kam mir in diesem Song irgendwie
gleich beim ersten Durchlauf bekannt vor - das konnte indes nicht Peter Musch
sein, so stark unterscheidet sich dieser gemäßigte powermetallische Gesang von
der üblichen Intonierung. Ein Blick ins Booklet schaffte Klarheit und bestätigte
meine Diagnose - bei diesem Song stand kein anderer als Ritchie Krenmaier von
den Bandnamen-Pechvögeln Big Heat/Grand Ominous Dreams/Stigmata/Stigmata IV/Stygma
IV am Mikro. Noch ein zweiter Gastsänger kam zum Zuge: Thomas Hanisch steuerte
für den längsten Song "Hate Inside" klassische Tenorvocals bei,
welche diesen Song stark aufwerten, ihm ein eigenes Gesicht verleihen, ihn
spannend und damit neben "Scared" zum herausragenden Exempel von
"Out Of Noland" machen. Leider ist's danach aber schon wieder vorbei
mit der Herrlichkeit - besonders die folgenden "The Untamed" und
"Renegade" haben rein gar nichts zu bieten, an das man sich nach dem Hören
noch erinnern könnte, sind reichlich austauschbar ausgefallen. Die drei
abschließenden Tracks können wenigstens noch mit interessanter
Leadgitarrenarbeit aufwarten, aber dieses Talent schöpfen Demolition insgesamt
betrachtet noch zu wenig aus. Den Rhythmusgitarren könnte die Erweiterung und
Variabilisierung des Grundtones ebenfalls nur gut tun. So bleibt summa summarum
eine CD mit diversem Licht, aber auch nicht zu verkennendem Schatten. Ob man sie
für wert erachtet, gegen Geld einzutauschen (im Laden oder via www.demolition.at),
muß natürlich jeder selbst entscheiden. Entwicklungspotential besitzen
Demolition jedenfalls - sie müssen nur lernen, es zu nutzen.